Der Motorik-Test - Wie beweglich sind die Schulkinder?

Der Motorik-Test - Wie beweglich sind die Schulkinder?

Ob Schulleitung, Lehrkraft oder Elternteil – sicher haben Sie sich auch schon gefragt, wie beweglich die Kinder heute eigentlich sind. Ist es wirklich so, dass viele Kinder nicht mehr balancieren oder rückwärtslaufen können? Klare Antworten bringt ein Motorik-Test! Bei den Gesundheitsuntersuchungen von GrundGesund wurden die motorischen Fähigkeiten von Kindern der dritten Klassen mit unterschiedlichen Übungen untersucht. Einige davon möchten wir Ihnen hier vorstellen und für die eigene Praxis ans Herz legen. Diese einfachen Motorik-Übungen aus dem Motorik-Modul, das im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys des Robert Koch-Instituts durchgeführt wird (Bös et al. 2004), können Sie mit Ihren Schülerinnen und Schlülern einmal ausprobieren.

Warum wurden die motorischen Fähigkeiten der Kinder bei GrundGesund untersucht?

Die Antwort ist ganz einfach: Die motorische Leistungsfähigkeit stellt nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen eine wichtige Gesundheitsressource dar (Seidel und Bös 2012). Körperliche Bewegung im Kindes- und Jugendalter ist für die körperliche, geistige und soziale Entwicklung so wichtig wie in keiner anderen Lebensphase (Opper et al. 2007). Man könnte auch sagen: Ohne Bewegung geht nix!

Wie kann man motorische Fähigkeiten testen?

Die motorische Leistungsfähigkeit von Einzelnen oder Schülergruppen kann mit Hilfe motorischer Tests ermittelt werden. Bei einmaliger Durchführung der Tests können sich motorische Stärken und Schwächen  zeigen und es zeigt sich, wie körperlich fit das Kind oder die Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Wird so ein Test dagegen regelmäßig, also zum Beispiel einmal pro Schuljahr, durchgeführt, kann man erkennen, wie sich die motorischen Fähigkeiten von Jahr zu Jahr verändern oder auch gleich bleiben (Schlenker, Seidel und Bös 2012).

Tipp:

Die regelmäßige Erhebung der motorischen Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler kann für Schulen sehr interessant sein. Wenn die Motorik-Tests zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt werden, können die Ergebnisse Aufschluss über die Qualität von Entwicklungsprozessen an der Schule geben. 

Für das Testen der motorischen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen in Grundschulen und weiterführenden Schulen kann zum Beispiel der Deutsche Motorik-Test 6-18 (DMT 6-18) (Seidel und Bös 2012) oder das Motorik-Modul (MoMo) des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) (Bös et al. 2004, Opper et al. 2007, MFKJKS NRW 2010) herangezogen werden.

Was testen DMT 6-18 und MoMo?

Der Deutsche Motorik-Test (DMT 6-18) ist ein wissenschaftlich erprobter Test, der aus acht verschiedenen Testaufgaben besteht, die die Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit von Kindern im Alter zwischen 6 und 18 Jahren erfassen (Schlenker, Seidel und Bös 2012). Im Vordergrund steht die gesundheitsrelevante allgemeine motorische Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern und weniger Aspekte der Talentförderung oder des Förderunterrichts (Seidel und Bös 2012).  

Das Motorik-Modul (MoMo)

Das Motorik-Modul (MoMo) des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) (Bös et al. 2004, Opper et al. 2007, MFKJKS NRW 2010) ist etwas umfangreicher und besteht aus 11 Testaufgaben, die ebenfalls die Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit von Kindern und Jugendlichen erfassen.

Wie wurden die motorischen Fähigkeiten der Kinder bei GrundGesund untersucht?

Aufgrund der Tatsache, dass bei GrundGesund pro Kind nur ca. 30 bis 40 Minuten für die schulärztliche Untersuchung einschließlich des Motoriktests vorgesehen waren, konnte weder der DMT 6-18 noch das MoMo vollständig durchgeführt werden. Nach Beratung durch Experten, die an der Entwicklung des Motorik-Moduls (MoMo) des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) beteiligt waren, haben wir von GrundGesund die motorischen Fähigkeiten der Drittklässlerinnen und Drittklässler anhand von 4 Testaufgaben untersucht.

Einbeinstand

Der ‚Einbeinstand‘ dient der Überprüfung von Koordination und Präzision. Dabei mussten die Kinder mit offenen Augen 1 Minute auf einer T-Schiene stehen, und zwar mit dem bevorzugten Fuß: Währenddessen wurde das ‚Spielbein‘ frei in der Luft gehalten. Zum Ausbalancieren durften die Arme verwendet werden. Wichtig hierbei war, dass das Spielbein während der gesamten Ausführung die T-Schiene nicht berühren durfte. Ebenso war ein Wechsel des Standfußes während des Tests nicht erlaubt. Gezählt wurden die Fehler (= Bodenkontakte, Berührung des anderen Beines, Ablegen des Fußes auf dem anderen Fuß) während des Testdurchlaufs (Bös et al. 2004).

Rumpfbeuge

Anhand der ‚Rumpfbeuge‘ soll die Rumpfbeweglichkeit und Dehnfähigkeit der rückwärtigen Muskulatur gemessen werden. Hierbei mussten die Kinder bei gestreckten Beinen den Oberkörper möglichst weit nach unten beugen. Dabei standen sie mit parallel aufgestellten und gestreckten Beinen auf einem Holzkasten (oder: Kiste, Hocker) mit angebrachter Zentimeterskala. Dann wurde der Oberkörper langsam bei gestreckten Beinen nach vorne gebeugt, die Hände parallel entlang einer Zenti­meterskala möglichst weit nach unten geführt und in der maximal erreichbaren Dehnposition zwei Sekunden lang gehalten (Bös et al. 2004).

Standweitsprung

Die Messung der Sprungkraft haben wir von GrundGesund anhand des Standweitsprungs vorgenommen. Hierzu sprangen die Kinder aus dem Stand möglichst weit. Zu Beginn des Versuchs stand das jeweilige Kind im parallelen Stand und mit gebeugten Beinen an der Absprunglinie und sprang anschließend aus dieser Position beidbeinig ab. Die Arme durften zum Schwungholen aktiv eingesetzt werden. Die Landung erfolgte ebenfalls auf beiden Füßen. Das Nach-vorne-Fallen oder Abfangen mit den Händen war erlaubt (Bös et al. 2004).

Seitliches Hin- und Herspringen

Das ‚Seitliche Hin- und Herspringen‘ zeigt Gesamtkörperkoordination, die Aktions­schnelligkeit und die Kraftausdauerfähigkeit der Beine. Die Kinder sprangen mit beiden Beinen gleichzeitig und so schnell wie möglich seitlich über die Mittellinie eines markierten Feldes hin und her (Bös et al. 2004).

Der Finger-Nase-Versuch als separater Test für die Grobmotorik

Ziel des Finger-Nase-Versuchs (FNV) war es, zu schauen, ob die Bewegungen der Muskeln geordnet und ohne Störungen ablaufen und koordiniert werden können. Den Test führten die Kinder im Stand und mit geschlossenen Augen aus. Dazu führten sie den Zeigerfinger in einem weit ausholenden Bogen zur Nasenspitze. Der Test wurde zweimal durchgeführt, einmal mit dem rechten und einmal mit dem linken Zeigefinger (Mattle und Mumenthaler 2010).

Wie wurden die motorischen Fähigkeiten bei GrundGesund bewertet?

Die Übungen zu den motorischen Fähigkeiten wurden nach den Vorgaben des Testmanuals zum Motorik-Modul (Bös et al. 2004) durchgeführt und anhand von Vergleichswerten beurteilt. Der Finger-Nase-Versuch wurde separat von der Kinderärztin beurteilt und berücksichtigt.

Die motorischen Fähigkeiten wurden als auffällig eingestuft, wenn ein Kind:

  1. bei drei der vier Subtests (‚Einbeinstand‘, ‚Rumpfbeuge‘, ‚Standweitsprung‘ und ‚Seitliches Hin- und Herspringen‘) mit ‚weit unter dem Durchschnitt‘

oder

  1. bei allen vier Subtests mit ,unter dem Durchschnitt‘ oder mit ,weit unter dem Durch­schnitt‘ abgeschnitten hat.

Wurden die motorischen Fähigkeiten als auffällig bewertet, wurden sportliche Aktivitäten empfohlen. Die Ergebnisse des Motorik-Tests allein sind noch keine ausreichende Grundlage für die Empfehlung zur Konsultation eines Arztes bzw. einer Ärztin.

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